Uns hat eine E-Mail von Sarah* erreicht. Sie beklagt sich darüber, dass sie keinen Bescheid über die Einstufung und damit ihre Beitragshöhe erhalten hat. Für sie ist nicht nachvollziehbar, wie das Jugendamt zu ihrer Einstufung kommt.
Einstufung durch das Jugendamt nicht nachvollziehbar
Sarah (31) lässt ihre beiden Kindern in einer Einrichtung in Wilhelmshaven fördern. Für beide Kinder müssen sie und ihr Mann, der als Facharbeiter im Schichtdienst arbeitet, auf Grund ihres gemeinsamen Einkommens einen Elternbeitrag leisten, der ihnen vom Träger der Einrichtung in Rechnung gestellt wird.
Sarah beklagt sich darüber, dass die Einstufung für sie nicht nachvollziehbar ist. Da ihr Mann ein monatlich wechselndes Einkommen hat, können die beiden kein regelmäßiges monatliches Familieneinkommen angeben. Wie das Jugendamt nun auf ihre konkrete Einstufung gekommen ist, möchte sie gerne verstehen.
Bei der Einstufung der Eltern durch das Jugendamt handelt sich um einen Verwaltungsakt. Ein Verwaltungsakt muss der betroffenen Person bekannt gemacht werden. Diese Regelung wird durch das Jugendamt in Wilhelmshaven in vielen Fällen ignoriert, indem die Einstufung an die Träger weitergegeben wird und nicht an die betroffenen Eltern. Das Jugendamt handelt dadurch unserer Meinung nach rechtswidrig. Zumal wir darüber hinaus die Weitergabe der Einkommenshöhe der Eltern an die Träger für datenschutzrechtlich bedenklich erachten.
Das Jugendamt hat dem Stadtelternrat bereits versichert, dass die Bearbeiterinnen und Bearbeiter der Elternanträge genau wissen, welche Einkünfte wie berechnet werden und nach welchen Kriterien wie eingestuft werden soll. Aber, dadurch dass die Einstufung für die Betroffenen nicht nachvollziehbar erläutert werden kann, ist keine Transparenz im Verwaltungshandeln hergestellt. Wie Sarah geht es auch anderen Eltern in Wilhelmshaven, die sich mit ihren Fragen zur Einstufung in Wilhelmshaven an uns wenden.
Bis heute konnte uns das Jugendamt nicht erklären, welches Rational hinter den Einkommensgrenzen liegt und woraus sich die Höhe des Elternbeitrags in den jeweiligen Stufen ableitet. Diese Grenzwerte in der Staffelungstabelle wurden willkürlich festgelegt und haben keinen realen Bezug.
Lohnt sich Arbeiten noch?
Sarah hat zwar, auf Nachfrage, eine E-Mail vom Jugendamt bekommen, aus der hervorgeht, welcher Stufe sie zugeordnet wurde, aber daraus geht nicht hervor, welche von ihr gemachten Einkommenserklärungen zur Entscheidung herangezogen wurden. Sie arbeitet derzeit 16 Stunden in der Woche. Sie würde sich gerne ausrechnen können, ob es sich für sie lohnt, weniger arbeiten zu gehen. Denn dann würde sie zwar weniger Geld verdienen, könnte durch die Einordnung in eine niedrigere Einkommensstufe aber am Monatsende mehr für sich und ihre Familie übrig haben.
Dass Eltern in Wilhelmshaven darüber nachdenken, in welchem Umfang sich das Arbeiten bei diesen Belastungen durch die Kinderbetreuung noch lohnt, zeigt allein schon, dass die Art und Höhe der Elternbeiträge in Wilhelmshaven realitätsfern sind.
Sind Deine Elternbeiträge zu hoch?
Wenn Du der Meinung bist, dass Du zu hoch eingestuft wurdest, lege unbedingt Widerspruch beim Jugendamt in Wilhelmshaven ein. Dafür hast Du ein Jahr Zeit, wenn in der Benachrichtigung vom Jugendamt kein Rechtsbehelf formuliert wurde. Erläutere, warum Du der Meinung bist, dass Du weniger zahlen müsstest.
Lass dich nicht auf die Träger verweisen: Das Jugendamt hat uns mehrfach bestätigt, dass ausschließlich das Jugendamt eine Einstufung auf Grundlage des Familieneinkommens festlegt.
Wenn sich deine Einkommensverhältnisse verschlechtern (zum Beispiel, weil Du den Job wechselst oder deine Arbeitszeit reduzierst), teile das unbedingt dem Jugendamt mit, damit Du niedriger eingestuft werden kannst.
Wenn Du nicht nachvollziehen kannst, wie das Jugendamt auf deine Einstufung kommt, lass es dir von der Bearbeiterin oder dem Bearbeiter deines Antrages erläutern. Lass Dir erklären, welches Einkommen (aus welchem Monat oder Jahr) als Grundlage für die Berechnung herangezogen wurde und warum kein anderes, möglicherweise niedrigeres.
Kannst Du dir den Elternbeitrag nicht leisten? Dann stelle unbedingt einen Antrag auf Übernahme des Teilnahmebeitrags durch das Jugendamt – wenn Du die Voraussetzungen erfüllst, muss dir dieser gewährt werden (SGB VIII § 90 Absatz 4).
Prüfe, ob Du Anspruch auf einen Geschwisterrabatt bei deinem Träger hast. Sind beide Kinder in Betreuung, für die Teilnahmebeiträge erhoben werden, wird dieser bei allen Trägern in Wilhelmshaven für das jüngere Kind um 50% reduziert. Das nächste Geschwisterkind wird sogar kostenfrei betreut (was aber eher selten ist).
Den Geschwisterrabatt von mindestens 50% konnte der Stadtelternrat Kita WHV mit Unterstützung der Träger gegenüber dem Jugendamt durchsetzen.
Von Kinderbetreuung profitiert die gesamte Gesellschaft.
Sarah, ihr Mann und ihre Kinder können sich glücklich schätzen, denn sie haben zumindest Betreuungsplätze in einer Kindertagesstätte. Das trifft in Wilhelmshaven leider nicht auf alle Familien zu, die sich eine solche Kinderbetreuung wünschen.
Sarah und ihr Mann arbeiten gerne in ihrem Beruf. Als gelernte Fachkräfte sind sie auf dem Arbeitsmarkt gefragt und davon, dass sie arbeiten gehen können, profitiert die gesamte Gesellschaft.
*zum Schutz der Persönlichkeit haben wir den Namen geändert.
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